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Konzert im Wohnzimmer

Soll man das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck nun loben, weil es uns ein Konzert über Streaming ins Wohnzimmer geliefert hat? Oder soll man es tadeln, weil es nicht nur das Internet und seine Möglichkeiten, sondern auch die Produktion von Tonträgern und DVDs seit Jahren verschlafen hat? Dies führte bis vor kurzem dazu, dass vom wichtigsten heimischen Klangkörper nicht einmal auf YouTube außer Nachrichtenschnipseln etwas zu finden war.

Ganz im Gegensatz übrigens zu den zahlreichen vor allem CD-Einspielungen des Orchesters der Akademie St. Blasius unter der Leitung von Karlheinz Siessl. Oder des Kammerorchesters InnStrumenti unter der Leitung von Gerhard Sammer. Beide Dirigenten und Orchester haben die Zeichen der Zeit schon wesentlich früher erkannt und damit für das Kulturland Tirol Werbung gemacht. Da nun auch das TSOI aufgewacht zu sein scheint, bleibt nur noch zu hoffen, dass das meist ältere Klassik-Publikum sich einen Fernsehapparat zulegt, der mit dem Internet vernetzt ist.

Liebe Musikfreunde! Winkt nicht ab! Aktiviert eure Kinder! Sie sollen euch bei der Installation des Geräts helfen. Dann werdet ihr ein neues, wunderbares Zeitalter erleben. Frei von allem Tatort-Schrott! Und voll von wunderbarster Musik mit unseren eigenen Orchestern, aber auch mit allen anderen Orchestern der Welt. Das Streaming-Konzert wird als kulturelles Zusatzangebot nicht mehr wegzudenken sein.

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

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