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Verpfuschte Chancen

Wenn man in der Politik etwas durchbringen will, benötigt man ein klares Konzept, wie es eine Hilde Zach noch hatte, die mit 23 % der Wählerschaft wie eine freundliche Diktatorin regierte. Die Zeiten haben sich leider geändert. So wurde gerade die Chance vertan, für Innsbrucks Jugend und Studentenschaft nach dem Ende von „Hafen“, „Weekender“, „Stadtcafé“, „Stadtsäle“ und „Hofgarten“ am Areal der Maschinenfabrik Oberhammer in St. Bartlmä in Wilten einen innovativen Cluster aus Jugendkultur, Startups und Freizeitzentrum zu errichten.

Trotz der Zustimmung, die Innsbrucks Politiker dem Initiator Christian Steinmayr und seiner Gruppe entgegenbrachten, obsiegte die Missgunst, dem grünen Bürgermeister einen Erfolg zu gönnen. Die öffentliche Kritik der anderen Parteien an angeblicher Preistreiberei und möglichen Giftstoffen im Boden ließen den Eigentümer des Areals um seinen Ruf fürchten, weshalb er mit der Stadt nichts mehr zu tun haben möchte. Das Projekt ist erledigt.

Die zuständige Kulturstadträtin beschäftigt sich aber ohnehin lieber mit ihrer „Kulturstrategie Innsbruck 2030“, für die ein „Linzer Institut für qualitative Analysen“ inzwischen ein 265-Seiten-Konvolut an unlesbarer Funktionärslyrik zusammenkopiert hat: In katastrophaler Verkennung dessen übrigens, wodurch Kultur entsteht. Niemals durch die Befragung der Vielen, sondern durch den Ideenreichtum der Wenigen.

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ricci Bock

    Sehr geehrter Herr Schöpf zu Ihrem Samstag-Artikel:
    Sie hätten die Sendung „Das politische Gespräch“ auf Radio Freirad vergangene Woche hören sollen (kann nachgehört werden) – verzweifelt hat die Moderatorin die Kulturamtsleiterin Brandauer und die Projektleiterin Hebenstreit gebeten, doch wenigstens für die Zuhörer etwas konkret zur „Kulturstrategie“ zu sagen – keine Chance, nur Phrasen à la Synergie, Vernetzung, Einbindung…
    Dem Bürgermeister etwas gönnen oder nicht – mit dieser Kulturszene ist ein Kulturprojekt wie St. Bartlmä politisch einfach nicht durchzubringen, z.B. war in „Hallo Tirol“ am Di. eine ganze Stunde Sendung zum Thema Kulturinitiativen – kein Mensch hat angerufen, nur die Macher haben für sich Werbung gemacht…
    Die Kulturszene hat jahrelang gut davon gelebt, dass die Politik kaum eine Ahnung von Kunst & Co. hatte – fast alles konnte man den Verantwortlichen einreden. Die Konkurse und Pleiten von Utopia, Bierstindl, Kunsthalle, Sinne usw. führten in der Folge zu einem enormen Vertrauens- und Imageverlust auch in der steuerzahlenden Bevölkerung. Beim Thema „Kultur“ ist es eben nun einmal so: Entweder man ist davon begeistert oder eben nicht…

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