Print Friendly, PDF & Email

Mäntelchen Wissenschaft

Ist die Maskenpflicht nützlich oder überzogen? Soll man die Quarantänezeit verkürzen oder nicht? Soll man auf Herdenimmunität bauen oder nicht? Soll man der Vernunft der Bürger vertrauen wie in Schweden oder mit einem Lockdown durchgreifen? Soll man die Schulen offen halten oder nicht? Sterben die Leute an Covid-19 oder aufgrund des überlasteten Gesundheitssystems an etwas anderem?

Wir wissen noch wenig über die neue Pandemie, streiten aber umso heftiger. Wobei bei allen Diskussionen ein Wort die höchste Verehrung genießt. Es lautet: „Wissenschaft“! Ist es verwunderlich? Verdanken wir doch ihr, konkret den Naturwissenschaften, ein längeres Leben, mehr Gesundheit und die mögliche Heilung von bisher unheilbaren Krankheiten.

Eine Erkenntnis im naturwissenschaftlichen Sinn erfolgt allerdings aus einem klar beschriebenen, überprüfbaren und wiederholbaren Experiment, dessen Ergebnisse, auf den Menschen angewandt, einem Doppelblindversuch zu unterziehen sind. Jede Debatte, die über die Analyse solch meist unspektakulärer Erkenntnisse hinausgeht, ist eine Diskussion darüber, welche politischen und gesellschaftlichen Schlüsse daraus zu ziehen sind, und hat mit Wissenschaft oft sehr wenig zu tun.

Nicht nur in Sachen Pandemie würde es uns gut anstehen, mehr Disziplin walten zu lassen und „glauben“ und „meinen“ korrekt vom Ehrentitel „naturwissenschaftliche Erkenntnis“ zu trennen.

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Schreibe einen Kommentar