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Sehr geehrter Herr Ebert!
Sehr geehrter Herr Kalisnik!

1. Briefwechsel

Sehr geehrter Herr Schöpf,
ich habe Ihre heutige Kolumne „Die neue Wehleidigkeit“ mit leicht erhöhtem Blutdruck gelesen.

Am Ende zitieren sie Bruno Kreisky, den sie zu verehren scheinen. Meines Erachtens muss man bei den Zitaten großer Politiker gar nicht so weit in der Geschichte zurückgehen. Es reicht doch schon ein Verweis auf unseren verehrten Gesundheitslandesrat Dr. Tilg, der uns allen klargemacht hat, dass die Politik, insbesondere in Tirol, ja nun wirklich nichts falsch gemacht hat.

Am Anfang der Erkrankungswelle hieß es, dass man wirtschaftliche Belange und auch den Verlust persönlichster Grundrechte nicht mit Leben aufrechnen dürfe. Nunmehr zeigen sich kaum noch schwere Erkrankungen und noch viel weniger Todesfälle, obwohl durch eine Vervielfachung der Testungen die Zahl der Positiven angestiegen ist.

Und jetzt ist also, wie sie schreiben, „Feuer am Dach“, nachdem Deutschland auf bedenklicher Datenbasis eine Reisewarnung für Tirol ausgesprochen hat. Und da müssen selbstverständlich dann persönliche Grundrechte wiederum noch weiter und wohl dauerhaft zurücktreten, um diesmal wirtschaftlichen Belangen zuvorderst Rechnung zu tragen.

Mit Verlaub, das erschließt sich mir nicht. Wo bleibt der Stolz der Tiroler. Gerade hier hat Freiheit immer einen hohen Stellenwert gehabt. Und diese Freiheit bezeichnen Sie jetzt als „nebensächlich“?


Sehr geehrter Herr Ebert!
Ich weiß, man kann über das Problem Corona unendlich lange diskutieren. Faktum aber ist immer noch, und das habe ich in meiner Kolumne ins Zentrum gestellt, dass Tirol ein riesiger Schaden erwächst, wenn wir in Deutschland als Risikogebiet eingestuft werden.

Ob diese Einstufung nun Folge einer Massenpsychose ist oder Folge einer wissenschaftlichen Analyse: sie ist auf alle Fälle ein Schaden. Das wollte ich festhalten, und um diesen Schaden zu minimieren, sollten wir mit den Infektions-Zahlen herunter.

Ich bin mir derzeit selbst nicht mehr im Klaren darüber, ob dieses ganze Corona-Theater nicht eine Massenpsychose ist.

Ich möchte jedoch der Politik zubilligen, dass Erkenntnisprozesse, die sich in einer Gesellschaft abspielen, eben eine gewisse Zeit benötigen. Oder wollen Sie Politiker, die ununterbrochen und sehr rasch auf jedes Lüftchen des Zeitgeistes aufspringen?

Und was ihre letzte Bemerkung betrifft, so kann ich Ihnen beim besten Willen nicht folgen. Welche Grundrechte werden nun wirklich eingeschränkt? Dass wir um 22:00 Uhr nach Hause müssen? Dass wir eine Maske tragen müssen? Ist das wirklich so tragisch?


Lieber Herr Schöpf,
Sie haben völlig Recht in Ihrer Einschätzung, dass man über die Corona-Politik unterschiedlicher Meinung sein kann. Leider sind aber derzeit bei Meinungsäußerungen außerhalb des „normalen“ medialen Spektrums häufig Mechanismen sozialer Ächtung und öffentlicher Geringschätzung eben dieser Meinungen die Folge. Die gesellschaftlichen Risse rund um Klima, Migration und jetzt Corona sind Folge eines moralischen Imperativs, der sich selbst über den Regeln des Rechtsstaates einordnet und nur noch Gut und Böse kennt.

Kontrovers diskutieren und danach trotzdem ein Bier miteinander trinken, das kennen wir heute beinahe nicht mehr. Dieses dürfen Sie gerne als Einladung zu einem solchen Diskurs verstehen.

Nun zu den Grundrechten: Da reiht sich Ihre Frage am Ende Ihrer Nachricht, ob denn gefühlte oder tatsächliche Einschränkungen wirklich „so tragisch“ seien, nämlich exakt in das von mir oben Gesagte ein. Es geht doch bei Grundrechten nicht um eine individuelle Interpretation des „schad ja nix“, sondern um das unveräußerliche Grundrecht an sich. Dieses ist eben nicht veräußerlich und unterliegt damit niemals einer moralischen Kontrolle. Sie dürfen doch nicht einfach die Argumente des Anderen, begründet oder nicht, einfach der Lächerlichkeit preisgeben anstatt sich mit ihnen sachlich auseinanderzusetzen.

Und ja, ich finde den Zwang zum Tragen einer Maske und die damit verbundene Umkehr der Beweislast, ob das Tragen den Träger gesundheitlich beeinträchtigt, grundrechtsverletzend. Der Staat übt hier Zwang unter Androhung von hohen Strafen aus. Er will aber z. B. nicht für die gesundheitlichen Folgen (physisch wie psychisch) bei den dazu genötigten Bürgern, und hier vor allem den Kindern, die Verantwortung übernehmen.

Die Einführung von Sperrstunden zu Lasten von Gastronomie und Gästen ist ein klarer Verstoß gegen das Recht der freien Erwerbsausübung und der persönlichen Freizügigkeit. Von der Eventbranche, dem Messewesen und dem Handel ganz zu schweigen.

Eine zwangsweise Erfassung der Adressen der Gäste in der Gastronomie widerspricht dem Recht auf Schutz der persönlichen Daten diametral. Von der ach so wichtigen DSVGO ist nicht mehr im Geringsten etwas zu spüren. In Deutschland wurden diese Daten in einigen Bundesländern beispielsweise von der Polizei bei der Suche nach Kleinkriminellen und ohne richterliche Anordnung bei den Gastronomen beschlagnahmt. Und das natürlich, obwohl die Daten ausschließlich der Kontaktverfolgung im epidemiologischen Sinne erhoben werden durften.

Dem Tragen von Masken in Gastronomie und Handel und teilweise auch im Freien, stehen ebenso das Recht auf persönliche Freizügigkeit, Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und das Recht auf Leben (Gesundheit) entgegen.

Meine Sorge gilt diesem Aufweichen von essentiellen Bürger- und Personenrechten zugunsten einer „guten Sache“ auf der Basis einer permanenten Verängstigung der Bevölkerung. Dieser Mechanismus ist nicht unbekannt und steht in der Geschichte sämtlicher totalitären oder diktatorischen Systeme immer am Anfang. Das hat meine und Ihre Generation, ich bin Jahrgang 1959, doch bereits mit der Muttermilch mitbekommen. „Nie wieder“ hieß es, und jetzt schreien wir alle nach Führung und nicht nach Information mit evidenzbasierten Fakten!
Eigenverantwortlichkeit ist die Basis der Demokratie!

Zu guter Letzt natürlich auch das Thema Tirol bzw. der drohende Verlust der Wintersaison durch das deutsche quasi Reiseverbot nach Tirol, Vorarlberg und Wien. In Deutschland verfährt die Politik eins zu eins genauso wie hier in Österreich. Es wird, mittels der Reisewarnung(en) und des Anstiegs angeblich Erkrankter, der Bevölkerung das Gefühl der dauerhaft dramatischen Krise suggeriert und damit die vermeintliche Rechtmäßigkeit der eigenen, strengen Maßnahmen der Regierung gerechtfertigt. So hier geschehen Richtung Kroatien, so jetzt seitens Deutschlands gegenüber Österreich, den Niederlanden und weiteren EU-Staaten.

Dem kann man nicht mit kurzfristigem Verhängen von weiteren Lockdowns oder anderer, die Bevölkerung disziplinierender Maßnahmen entgegentreten. Nein, Österreich muss hier auf EU-Ebene die Sinnfrage stellen und zur Not mittels einer dortigen Blockadehaltung seinerseits Druck auf Deutschland ausüben. Das meinte ich in meinem Kommentar zu Ihrer Kolumne. Es braucht Mut und Stolz im positiven Sinne.



2. Briefwechsel

Sehr geehrter Herr Schöpf!

Aus Ihrer Kolumne vom Sonntag entnehme ich, dass Sie sich um die Tiroler (Tourismus)Wirtschaft große Sorgen machen, was gut nachvollziehbar ist.
Die Sätze „… weil sie eine Maske tragen müssen, ob das nun etwas nützt oder nicht. Weil sie Distanz zu ihren Mitmenschen einhalten sollen, ob das nun etwas nützt oder nicht“, haben mich allerdings sehr irritiert.
Ich frage mich, ob diese Aussage der Anspannung geschuldet ist, oder ob Sie das wirklich so meinen.
Im Klartext: Ganz egal, ob eine Maßnahme etwas bringt oder nicht, man soll sie durchziehen. Echt?
Nicht nachdenken und auf die vielen „Nebenwirkungen“ achten, wie zum Beispiel die Auswirkungen auf die Psyche (und damit auch auf das Immunsystem) durch fehlende und eingeschränkte Sozialkontakte, durch das Schüren der Angst, durch das Zunehmen des Denunziantentums, auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft (geringeres Einkaufsverhalten etc.), die Folgeerkrankungen etc. etc. Sie kennen wohl selbst all diese Argumente und noch viele mehr.
Ist es nicht so, dass unsinnige Maßnahmen die Akzeptanz der wichtigen Maßnahmen erschweren?
Sie bemühen dann auch Bruno Kreisky. Aber: erinnert Sie das Befolgen von Vorgaben, ohne über deren Sinnhaftigkeit nachzudenken, nicht auch an eine Zeit, von der wir immer sagen, dass wir sie nie mehr wieder haben wollen?
Was meinen Sie dazu? Ich freue mich auf eine Antwort.


Sehr geehrter Herr Kalisnik!

Sie müssen entschuldigen, aber ich habe meiner Bekanntschaft und in meinem Freundeskreis sehr viele Ärzte und die nehmen Covid-19 fast schon ernster als ich selbst. Dabei war das gar nicht das Thema meiner Kolumne. Das Thema war ausschließlich die Tatsache, dass Deutschland eine Reisewarnung gegenüber Tirol ausgesprochen hat, was bedeutet, dass damit, wenn sie länger anhält, unser Tourismus ruiniert wird. Um diese wirtschaftliche Katastrophe zu verhindern, ist es doch nicht unverschämt, eine gewisse Solidarität einzufordern, auch wenn sie manchen sachlich nicht gerechtfertigt zu sein scheint. Aus meiner Sicht sind all die Maßnahmen nicht unsinnig, und aus meiner Sicht sind sie nicht so massiv, dass sie unsere Grundrechte tatsächlich einschränken würden. Aber ich bin natürlich ein alter Esel, der inzwischen ein seriöses und biederes Leben gewohnt ist.
Ich grüße Sie herzlich.


Sehr geehrter Herr Schöpf!

Mit „ich bin natürlich ein alter Esel“ bringen Sie mich zum Lachen und Sie können meinen Beitrag gerne auf Ihre Seite stellen.
In aller Klarheit zu argumentieren, dass Maßnahmen ergriffen werden, um Schaden für die Wirtschaft abzuwenden, würde aus meiner Sicht eine ganz andere, positivere Dynamik erzeugen, woraus so etwas wie echte (nicht verordnete) Solidarität entstehen kann.
Also wenn man sagt, worum es aktuell wirklich geht. Ich frage mich, welches Weltbild oder Menschenbild dahinter steht, wenn man meint, dass man Menschen mit Angst in eine Richtung bringen will? Diejenigen, die man dann vor der jeweiligen nächsten Wahl als mündige Bürger hofiert? Mit meiner Beschreibung „unsinnig“ bin ich vielleicht etwas zu weit gegangen, aber „nicht verhältnismäßig“ würde ich allemal sagen. Dazu schicke ich Ihnen einen Link, wenn es Sie interessiert, weil es ja allemal besser wäre, wenn an der Ursache, damit meine ich in diesem Fall die nicht korrekte Deutung von Fallzahlen, gearbeitet und aufgeklärt wird. Das ARD ist dabei verschwörungstheoretisch wohl wenig verdächtig.

https://www.daserste.de/information/nachrichten-wetter/ard-extra/videosextern/ard-extra-die-corona-lage-344.html
(ab etwa Minute 11.30)

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