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Literarische Korrespondenz:
Alois Schöpf an Frau Dr. med. Elisabeth Medicus
Betrifft: Leserbrief in der Tiroler Tageszeitung vom 30. April 2021
zum Thema "Sterbehilfe".

Sehr geehrte Frau Dr. med. Medicus!

Ich weiß aufgrund einer persönlichen Begegnung mit Ihnen, dass Sie ein freundlicher Mensch sind, der sich nun mit ebensolcher, zumindest stilistischer Freundlichkeit in die Debatte um die Liberalisierung der Sterbehilfegesetze eingeschaltet hat. Dass sich hinter diesem Ihrem weltläufigen Verhalten leider, wie von der Angestellten einer kirchlichen Organisation nicht anders zu erwarten, viel Kitsch, wenig Humanität und der übliche religiöse Totalitarismus verbergen, ist bedauerlich. Die daraus resultierenden Argumente sollen zurückgewiesen werden.

1. Es fängt schon damit an, dass Sie sich als Privatperson präsentieren – um Ihre Autorität zu erhöhen, jedoch nicht mit „Dr.“ allein, sondern ausdrücklich mit „Dr. med.“ unterschreiben und zugleich unterschlagen, dass Sie bis zum April 2019, dem Beginn Ihrer Pension, ärztliche Direktorin der Tiroler Hospizgemeinschaft waren, die selbstverständlich Ihren Leserbrief umgehend über die Homepage der Hospizgemeinschaft verteilt hat. Ihr Schreiben ist also nicht die Privatmeinung einer engagierten Bürgerin, sondern das mit ihrer Organisation abgesprochene Statement einer Lobbyistin, die die Interessen einer mächtigen Organisation durch das Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf das Recht eines jeden Bürgers, Art und Zeitpunkt seines Todes autonom selbst zu bestimmen, weltanschaulich bedroht sieht.

2. „Selten wollen Menschen in der Situation einer schweren Erkrankung tatsächlich lieber sterben als weiterleben. Hinter dem Sterbewunsch stehen viele verschiedene Gründe und Motive. Dementsprechend gibt es viele Möglichkeiten, damit umzugehen. Oft ändert sich dieser Wunsch durch eine Behandlung, durch soziale Umstände.“

Immerhin sind Sie so freundlich, Frau Dr. med. Medicus, Menschen, die sterben wollen, nicht gleich in die Psychiatrie einweisen zu lassen, wie es noch vor Jahren Gang und Gäbe war, weshalb jeder Sterbewillige diese seine Wünsche vor den Ärzten tunlichst verheimlichte, um zur Wahrung des bürgerlichen Rufs seine letzten Tage nicht im „Irrenhaus“ verbringen zu müssen. Dankeschön!

In paternalistischer – in diesem Fall müsste man besser sagen -maternalistischer Weise behaupten Sie zugleich, dass die allermeisten Sterbewünsche durch die richtige Reaktion vonseiten der Ärzteschaft und des Pflegepersonals zum Verschwinden gebracht werden könnten. Offenbar wollen oder können Sie das Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofes nicht zur Kenntnis nehmen. Die Frage ist nämlich nicht, aus welchen von der Ärzteschaft oder dem Pflegepersonal diagnostizierten Gründen jemand Beihilfe zum Suizid wünscht, weil er nicht mehr weiterleben will, sondern die Frage lautet, ob er seinen Wunsch in voller Freiverantwortlichkeit äußert, wie jemand, der vor dem Notar ein Testament unterschreibt. Sollte diese freie Entscheidungsfähigkeit nun auch im Falle des Sterbewunsches gegeben sein, hat die Gesellschaft, wie der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, also auch Sie, also auch die Ärzteschaft und das Pflegepersonal, also auch die von der katholischen Kirche geleitete Hospizbewegung diesen Wunsch umfassend zu respektieren.

In diesem Zusammenhang sollten Sie bitte nicht vergessen, dass das Angebot der Sterbehilfe etwa in der benachbarten Schweiz seit Jahrzehnten kein Thema mehr ist, da es wie selbstverständlich in Anspruch genommen wird, und etwa beim 20-Jahre-Jubiläum der Sterbehilfeorganisation „Exit“ der Präsident des Schweizerischen Bundestages als Ehrengast anwesend war. Ebenso sollten Sie nicht vergessen, dass etwa in den Niederlanden, einem zweifelsfrei europäischen Rechtsstaat, jährlich von 6500 Personen die Möglichkeit von Sterbehilfe in Anspruch genommen wird, keine Regierung, weder konservativer, noch liberaler, noch sozialistischer Färbung, an dem Gesetzeswerk etwas geändert hat, woraus folgt, dass dieses fundamentale Menschenrecht, wenn die weltanschauliche Behinderung und Unterdrückung in Österreich nicht in so schrecklichem Ausmaß dominieren würden, umgerechnet auf die österreichische Bevölkerung ca. 3000 Personen verwehrt wird. Ein beispielloser Skandal, der nur deshalb nicht virulent wird, weil noch niemand aus dem Jenseits zurückgekehrt ist, um sich über die quälenden Rahmenbedingungen seines Hinscheidens zu beklagen.

Es ist also schlicht Unsinn, wenn Sie behaupten, dass Menschen in der Situation einer schweren Erkrankung oder, dieser Zustand scheint Ihnen nicht einmal ins Blickfeld zu geraten, aufgrund eines rationalen und bilanzierenden Entschlusses, nur sehr selten einen Sterbewunsch äußern. Sofern dies in Österreich tatsächlich der Fall sein sollte, was eine ihrer Kolleginnen bei einem einschlägig religiös eingefärbten Dialogforum in Salzburg sogar zur Behauptung veranlasste, sie habe in ihrem ganzen Berufsleben als Ärztin noch keinen Patienten erlebt, der einen Sterbewunsch geäußert habe, sollten Sie dies als einen beschämenden und grausamen Erfolg ihrer weltanschaulich verblendeten Überredungs-, Verweigerungs- und Bekehrungskünste verbuchen. Verbuchen Sie es aber bitte nicht als das Engagement eines Arztes, als Humanität oder gar als jene christliche Nächstenliebe, die Ihre ehemaligen Brötchengeber jeweils marketinggerecht auf das Banner ihrer Unmenschlichkeiten drucken lassen. Denn es handelt sich oftmals schlicht um scharf abzulehnende, gelungene Einschüchterung.

3. Inwieweit Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen im Hospiz Menschlichkeit und Barmherzigkeit aus dem Blickfeld geraten sind, ergibt sich aus dem nächsten Absatz ihres Leserbriefs:

„Manche Menschen hören auch einfach auf zu essen und zu trinken, wenn sie schwer krank und lebenssatt sind. Ich weiß, dass das nicht mit Leiden im Sinn von Hunger oder Durst oder Schmerzen verbunden ist: der Tod tritt meist nach Tagen oder wenigen Wochen ein.“

In dem Sie nicht ein „oder“, sondern ein „und“ zwischen die Worte „schwer krank“ und „lebenssatt“ setzen, ignorieren Sie vollständig,  dass im Gegensatz zu einer schweren Krankheit die von Ihnen so bezeichnete „Lebens-Sattheit“ ein Motiv des Suizids ist, das sowohl von der Philosophenschule der Epikureer als auch der Stoiker als Zeichen eines vollendeten, weil in Fülle gelebten Lebens eingestuft wird. Ein solcher, aus reiflicher Überlegung heraus erfolgender Bilanz-Suizid ist danach der geradezu vollendete Ausdruck der Autonomie, eine reife Unabhängigkeit also, welche den Ärztinnen und Ärzten nicht nur weltanschauliche Toleranz, sondern auch die Fähigkeit abfordert, dem Menschen zu dienen und ihn nicht zur Verschubmasse persönlicher Diagnoselust oder zu einem Marktsegment des Hospizgeschäftes zu machen.

Zum anderen ist es schlicht ein Skandal, mit welcher Ungeniertheit Sie die Verweigerung von Nahrungsaufnahme, die bei vor allem Demenzkranken und Schlaganfallpatienten durchaus vorkommen kann, und die gerade von ihrer der christlichen Nächstenliebe verpflichteten Organisation durch das Setzen von PEG-Sonden bzw. die Weigerung, diese auch wieder zu entfernen, über Jahre hinweg in beispielloser Unmenschlichkeit durch Zwangsernährung verhindert wurde, nunmehr als eine geradezu lieblich-biedermeierliche, vor allem jedoch angeblich leidensfreie Methode der Selbsttötung lobpreisen. Von welcher Art von Humanität müssen Sie eigentlich heimgesucht sein, dass Sie sowohl diese Zwangsernährung, die Sie während ihres Berufslebens bestimmt ebenso mit zu verantworten hatten, als auch ein – dann doch irgendwann dem Zeitgeist folgend – freiwilliges, Wochen währendes Verhungern nicht als Bankrotterklärung Ihrer medizinischen Künste einzustufen imstande sind?

4. In weltanschaulicher Beflissenheit Ihrem obersten Auftraggeber gegenüber, in diesem Fall der regionalen Manifestation Jesu Christi in Gestalt des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler, können Sie, wie selbiger es in seinem Gastkommentar in der Tiroler Tageszeitung bereits vormachte, ebenso nicht darauf verzichten, der Umfrage der Österreichischen „Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL)“ im Hinblick auf die bei einem renommierten Meinungsforschungsinstitut in Auftrag gegebene Umfrage, wie mit der vom Verfassungsgerichtsgerichtshof entkriminalisierten Beihilfe zum Suizid in Österreich in Zukunft zu verfahren sei, Manipulation vorzuwerfen. Auch in diesem Punkt haben Sie offenbar das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs noch nicht rezipiert. Ziel der Umfrage war es nämlich nicht, auch die von der Ärzteschaft und der Hospizbewegung angebotenen Möglichkeiten, in welcher Art und Weise die Bevölkerung zu sterben wünscht, abzufragen. Ziel der Umfrage war es vielmehr, zu erkunden, wie nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs die Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger beschaffen sind, um das Recht, Art und Zeitpunkt des Lebensendes autonom zu bestimmen, konkret verwirklicht werden sollen.

Ihre abschließende Behauptung „derzeit fehlen die Wissensgrundlagen für einen gesellschaftlich tragbaren Konsens“ ist daher nur insofern richtig, als es totalitär indoktrinierten Katholiken wie Ihnen intellektuell unmöglich zu sein scheint, sich über ethische und philosophische Sachverhalte zu informieren, die teilweise bereits seit Tausenden von Jahren, auf alle Fälle jedoch seit der Zeit der Europäischen Aufklärung zu Ende gedacht sind.

5. Des Weiteren behaupten Sie in ihrem Leserbrief:

„Längst praktizieren Ärzte und Ärztinnen Sterbehilfe: indem sie Therapien begrenzen oder gar nicht beginnen, in dem sie Leiden im Sterben lindern, als Begleitung im Sterben. Wenn körperliches Leiden nur gelindert werden kann mit dem Risiko, das Leben zu verkürzen, so ist es legitim, aber es bedarf immer einer sorgfältigen Abwägung, übrigens nicht nur in der Situation am Lebensende, im Grunde bei jedem Eingriff in den Körper.“

Schon wieder verhindert Kitsch das präzise Denken, dem sich im Gegensatz zu Ihnen die Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichts verpflichtet fühlten, wenn sie feststellten, dass es ein Widerspruch sei, wenn einerseits aufgrund von Patientenverfügungen und des Zusatzes zum neuen Ärztegesetz, wonach Palliativmaßnahmen auch auf das Risiko der Lebensverkürzung des Patienten hin durchgeführt werden dürfen, zugleich die Beihilfe zum Suizid unter allen Umständen verboten sei. Dieser Widerspruch war für die Richter einer der wesentlichen Gründe, Paragraf 78 (Mitwirkung am Selbstmord) des Strafgesetzesbuches als verfassungswidrig zu erkennen.

Weshalb sind Sie, obgleich Sie das Fach eigentlich studiert haben sollten, nicht in der Lage, Ihrerseits einen Widerspruch zu erkennen, der den Verfassungsrichtern sehr wohl aufgefallen ist? Und weshalb verdrängen Sie wieder einmal die grässliche Vergangenheit Ihrer das Hospizwesen dominierenden Religion, die über Jahrhunderte das Leiden als Eintrittskarte ins Paradies definierte und dementsprechend die Menschen noch bis vor kurzem elendiglich verenden ließ? Weshalb, wenn Sie diesen Rückblick in die Geschichte schon scheuen, vergessen Sie auch, dass menschlich und empathisch fühlende Ärzte noch vor wenigen Jahren mit einem Fuß im Gefängnis standen, wenn sie palliativ zu stark eingriffen, und noch ein Abgesandter des Herrn Schönborn kurz vor Beschlussfassung des neuen Ärztegesetzes, welches das Risiko massiver Palliativbehandlungen entkriminalisiert, von einem Dammbruch faselte.

6. Ihre und die gesammelten Unmenschlichkeiten einer Organisation, der Sie jahrelang als ärztliche Direktorin vorstanden, finden zuletzt ihren Ausdruck in folgenden abschließenden Sätzen:

„Für den assistierten Suizid gibt es keinen vernünftigen medizinischen Grund.“

Vollkommen richtig! Nur wieder einmal von der falschen Seite her gedacht. Wieder einmal maternalistisch und totalitär gedacht! Denn naturgemäß ist es nicht Aufgabe des Arztes oder der Ärztin, einen vernünftigen Grund für einen Suizid zu finden. Einen solchen Grund könnte er oder sie nur für sich selbst finden, niemals jedoch für einen anderen Menschen, das wäre Mord, auch wenn er sich Suizid nennen würde.

„Jetzt brauchen wir alle Kräfte für Schutzregelungen, die eine Haltung der Sorge füreinander fördern und die verhindern, dass die Mitwirkung an der Selbsttötung zu einer Hilfeleistung oder gar zu einer Dienstleistung im Gesundheitswesen wird.“

Ungeheuerlich, wie Sie sich hier als jemand aufspielen, der, indem er seine Mitmenschen daran hindert, in Freiheit zu leben und zu sterben, dafür die Haltung von Sorge für sich beansprucht. Ganz in diese Richtung geht denn auch eines der Hauptargumente der meist religiös motivierten Gegner der Sterbehilfe, die von Horrorszenarien träumen, wonach die Bevölkerung nach der Liberalisierung der Beihilfe zum Suizid daran gehen werde, ihre Alten aus dem Weg zu räumen. Ungeachtet der Tatsache, wie viele tausende Menschen sich für die Pflege ihrer alten Angehörigen aufopfern. Und wie sehr der österreichischen Staat gerade in Zeiten der Pandemie fürsorglich über die letzten wahrlich oft nur noch flackernden Momente seiner alten Mitbürger wachte, indem er zuerst ihnen und nicht den Jungen, die noch das Leben vor sich haben, Impfungen zukommen ließ.

Es ist eine bittere Bilanz für Sie, Frau Dr. med. Medicus, dass Sie in ihrer Selbstfeier, ein guter Mensch sein zu wollen, eine Humanität verloren haben, für die es selbstverständlich wäre, dass dem Wunsch von Menschen, aus wohlüberlegten Gründen nicht mehr leben zu wollen, durch „Hilfeleistung und als Dienstleistung im Gesundheitswesen“ im Sinne eines kultivierten Sterbens entsprochen wird.

Mit besten Grüßen
Alois Schöpf

Alois Schöpf

Alois Schöpf, Autor und Journalist, lebt bei Innsbruck. Alois Schöpf schreibt seit 37 Jahren in Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt seit 28 Jahren in der Tiroler Tageszeitung, pointierte und viel gelesene Kolumnen. Er ist einer der dienstältesten Kolumnisten Österreichs. Zahlreiche Veröffentlichungen, bei Limbus: Vom Sinn des Mittelmaßes (2006), Heimatzauber (2007), Die Sennenpuppe (2008), Platzkonzert (2009), Die Hochzeit (2010), Glücklich durch Gehen (2012), Wenn Dichter nehmen (2014), Kultiviert sterben (2015) und Tirol für Fortgeschrittene (2017). Zuletzt erschien in der Edition Raetia Bozen gemeinsam mit dem Fotografen und Regisseur Erich Hörtnagl "Sehnsucht Meer, Vom Glück in Jesolo", die italienische Übersetzung wurde zeitgleich präsentiert. Und es erschien, wieder bei Limbus, "Der Traum vom Glück, Ausgewählte Alpensagen". Schöpf ist auch Gründer der Innsbrucker Promenadenkonzerte und leitete das erfolgreiche Bläserfestival fünfundzwanzig Jahre lang bis 2019.

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. Christa Habermann

    Super formuliert und trifft auf meine volle Zustimmung, Danke!!!

  2. Rainer Haselberger

    Sehr gut gesagt.
    Ich finde es eigenartig, wenn eine katholische Ärztin als Alternative zum begleiteten Suizid folgenden Vorschlag macht: „Manche Menschen hören auch einfach auf zu essen und zu trinken, wenn sie schwer krank und lebenssatt sind.“ – Ist das kein langsamer, quälender, unerträglicher Selbstmord, sich zu Tode zu hungern? Ist das wirklich „einfach“?

  3. Dr. Camillo Signor

    Über die Mailing-Liste der ÖGHL wurde ich auf Ihren Blog aufmerksam und möchte Ihnen für diese ausgezeichnet formulierte Replik auf die unerträgliche Attitüde, mit welcher sich die Proponenten der unter religiösem Kuratel stehenden Palliativ-Lobby anmaßen, ihre verbohrte und rückwärtsgewandte Ideologie über das Urteil des Höchstgerichts sowie einer Bevölkerungsmehrheit stellen zu können, danken.
    Mit freundlichen Grüßen

  4. Mag. Molzer Volkmar

    Ich bin gegen ein Verbot der Sterbehilfe aus den oben geschilderten Gründen.

  5. Klaus Sprenger

    Sehr geehrter Herr Schöpf –
    ganz grandios und danke für Ihre sehr gute, intellektuelle und emotionale inhaltliche Reaktion auf diesen Leserbrief von Frau Dr. med. Medicus. Ich wusste ja nicht, dass diese Dame die genannte Rolle beim Hospiz hier innehatte. Ich habe mich schon zuvor über den Leserbrief von ihr sehr geärgert und nun noch mehr, da meine Meinung sich mit der ihrigen zur Hospizbewegung in Österreich großteils decken dürfte, ebenso zum Verfassungsgerichtshofsurteil und dem Recht auf einen selbstbestimmten Suizid. Leider befürchte ich, dass die derzeitige Regierung das Gesetz so zu korrigieren versuchen wird, dass wieder statt der jetzt gegebenen Liberalisierung (falls das Urteil so unkontrolliert mit 01.01.2022 in Kraft treten würde), ein Gesetz in Kraft treten wird, das letztlich wieder alles wieder erschwert und so eingeschränkt wird, dass die kleine Liberalisierung wieder wegfällt. Aber noch hoffe ich.
    Es würde mich sehr freuen, wenn es ihnen gelingt, Ihre hier geäußerte Antwort in der Tiroler Tageszeitung oder sonstigen Presse veröffentlichen zu können.
    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus Sprenger

  6. Doris Linser

    Habe das VfGh-Erkenntnis bzgl. Lockerungen der Bestimmungen zur Sterbehilfe sehr begrüßt und auch das Dialogforum, mit Hilfe dessen nun über weiterführende Maßnahmen diskutiert wird und das somit zur Entscheidungsfindung beitragen soll.
    Via google bin ich zur TeilnehmerInnen-Liste gekommen (Wer hat diese zusammensgestellt?) und da überkommen mich, die ich, auch aus gravierenden persönlichen Gründen, für eine Lockerung der bestehenden Verbote bzgl. freier Selbstbestimmung des Menschen über seinen Körper eintrete, schon ungute Gefühle. Viele religiöse Vereine wurden dazu eingeladen und die sprechen für Menschen ihrer Glaubensgemeinschaft. Bei den Katholiken ist ja z.B. bekannt, dass nicht mal 20% praktizierende Gläubige sind, man wird ja dort als unmündiges Kind Mitglied, ich glaube bei den Protestanten ist es ähnlich. Was ich damit ausdrücken will: dass viele der als gläubige Mitglieder geführte in der Realität mit vielen Inhalten „nichts am Hut haben“ und dass dieser große Bevölkerungsteil (auch jene, die von Religionsgemeinschaften ausgetreten sind…ich gehörte nach 2 kath. Internaten in meiner Jugend auch dazu) eigentlich in dieser Kommission kaum vertreten sind. Das ist ein sehr großer Bevölkerunganteil, der hier nahezu kaum vertreten ist, bzw. dessen Meinung somit unberücksichtigt bleibt.
    Man „darf“ in Österreich, soweit man noch dazu fähig ist, zwar Selbstmord begehen, aber Hilfe oft in großer Verzweiflung bekommt man nicht. Die kath. Kirche hat ja bis in die 50er Jahre verweigert, Selbstmörder/innen auf kirch. Boden zu beerdigen; soweit zu deren humaner Gesinnung.
    Eigentlich müßte ich mir auch jede Operation mit Narkose (mögl. Herzstillstand) überlegen, denn sollte etwas passieren, bin ich dann dem System fast hilflos ausgeliefert.
    Da fällt mir ein, dass meine Patientenverfügung schon abgelaufen ist und ich sie erneuern sollte, aber wirkliche Hilfe stellt die in Fällen auch nicht dar, da hier nur Behandlungen verweigert werden können.
    Ich glaube, dass bei den Teilnehmer/innen des Dialogforums schon eine ganz eindeutige Schieflage in Richtung div. religiöser Verbände usw. gegeben ist und andere Bevölkerungsteile zu wenig berücksichtigt wurden. So sind meine Bedenken wohl nicht unberechtigt, dass es hier zu einer Menge einseitiger Stellungnahmen kommen wird. Einer Stellungnahme von Organisationen, die das Menschenrecht der freien Selbstentscheidung nicht akzeptieren wollen, weil sie weiterhin Macht haben wollen über den einzelnen Menschen….für mich ist das schon eine ziemlich verwerfliche Haltung.
    Vielleicht sollten daher in die Entscheidungsfindung auch maßgeblich seriöse Bevölkerungsbefragungen (mit nicht in bestimmte Richtung gelenkten Fragen) entsprechende Berücksichtigung finden.

  7. HELMUT LEISZ

    Meine herzliche Gratulation zu ihrer ausführlichen „literarischen Korrespondenz“ … Herr Schöpf!
    Beeindruckend – wie sie diese heuchlerischen Machenschaften analysieren und sezieren – da steckt viel Wissen dahinter – Danke!
    Liebe Grüße – Helmut Leisz

  8. peter hofinger

    oh, das war jetzt aber mal ein wirklich sehr treffender kommentar!
    gratuliere!
    peter hofinger

  9. Karlheinz Veit

    Kompliment Herr Schöpf,
    das nenn ich einmal eine gepflegte Retourkutsche – der einzige Schönheitsfehler: den Leserbrief der
    Medicus in der TT lasen halt viel mehr Menschen als Ihre hervorragende Replik hier herinnen! Sehr schade!
    In diesem Sinne freundliche Grüße

    1. Kommt mir vor, wie ein Professor einem Schüler seine Fehler aufzählt, die er machte, weil dessen Geisteszustand nicht an den des Lehrers heranreicht. Wir können froh sein, dass durch diese Entscheidung des VFGH der Sterbetourismus (Begleitung war strafrechtlich untersagt) in die Schweiz zum erliegen kommen wird. Ich kenne einen Fall, der schwer kranke Mann konnte sich kaum mehr bewegen, schrieb vor dem Suizid, herbeigeführt durch Überdosis an Schlaftabletten, dass man seinen Entschluss zu respektieren habe. Die Angehörigen riefen die Rettung, monatelang musste er noch leben, bis ihn eine Freundin in die Schweiz brachte.

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